Islam & Gesellschaft


Religion – persönlich, nicht privatistisch

Für mich ist Religion eine zutiefst persönliche Angelegenheit.
Sie betrifft allein mich – nicht einmal meine Familie.
Als Muslim bedeutet mir der Glaube vor allem eins:
eine stille, liebevolle Zwiesprache mit dem Göttlichen,
getragen von Dankbarkeit, nicht von Angst –
weder vor Strafe im Diesseits noch im Jenseits.

Meine Religiosität ist Ausdruck innerer Freiheit
und zugleich inniger Liebe zu dem einen Gott, der alle Menschen,
Wesen und Welten erschaffen hat, der allmächtig und allbarmherzig ist.
Sie ist nicht auf Öffentlichkeit ausgerichtet, sondern zutiefst spirituell –
ein intimer, vertrauensvoller Dialog mit Gott.
Denn meine Gebete und die Erfüllung religiöser Pflichten richten sich
allein an Ihn – und sie finden (so Gott will) nur bei Ihm Anerkennung.

In meinem Islamverständnis ist die Liebe Gottes ein zentrales
Merkmal von Ihm. Er liebt Seine gesamte Schöpfung und gewährt ihr Gnade.

Gott liebt jeden Menschen, wie er ist, und nicht aufgrund bestimmter Eigenschaften oder Leistungen. Seine Liebe ist nicht von menschlichen Maßstäben abhängig.
Gott liebt alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, Religion, Ethnie oder sozialem Status. Diese Liebe kennt keine Grenzen und erfasst alle Menschen gleichermaßen.
Gott sieht alle Menschen als gleichwertig an. Er beurteilt Menschen nicht nach ihren Unterschieden, sondern nach ihrer inneren Natur und ihrem Potenzial.


Islamwissenschaft – wissenschaftlich, nicht weltanschaulich

Als Islamwissenschaftler befasse ich mich mit Sprachen, Konfessionen und Kulturen von Ländern mit mehrheitlich muslimischen Bevölkerungsanteilen.
Ich spreche über den Islam aus analytischer Distanz –
sachlich, kritisch, vergleichend, niemals missionarisch.
Meine Arbeit basiert auf historisch-kritischer Forschung,
nicht auf theologischer Lehre.
Glaube und Wissenschaft gehören bei mir zwar zur gleichen Biografie –
aber nicht in denselben Raum.


Gesellschaft – plural, teilnehmend, respektvoll

Ich bin Bürger dieses Landes und aktives Mitglied dieser Gesellschaft.
Ich lasse andersgläubige Menschen an meinem religiösen
Leben teilnehmen, wenn sie sich das wünschen.
Und ich nehme teil am kulturellen und religiösen Leben Andersgläubiger
und empfinde dieses Miteinander als spirituelle Bereicherung –
weil ich überzeugt bin, dass viele Wege zu unserem einen Gott führen.

Ob Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen,
Musliminnen und Muslime – oder Menschen, die atheistisch,
pantheistisch oder auf andere Weise spirituell empfinden:
Alle verdienen denselben Respekt.
Denn das garantiert unsere Verfassung –
und das verlangt unser Menschsein.

Im Rahmen dieser positiven wie negativen Religionsfreiheit
haben alle Menschen das Recht, zu glauben oder eben nicht zu glauben,
was sie möchten –
und sie verdienen denselben Schutz und dieselbe Wertschätzung
wie alle anderen.